Der Berg der Kreuze

A7Der Berg der Kreuze (litauisch: Kryžių kalna) ist ein katholisch und (leider immer stärker) touristisch geprägter Wallfahrtsort in Litauen unweit von Šiauliai (deutsch: Schaulen, polnisch: Szawle) an der Straße nach Riga (die lettische Hauptstadt ist ca. eine reichliche Autostunde entfernt). A2Die Pilger pflegen Kreuze auf den Hügel zu stellen, verbunden mit einem Wunsch oder Dank. Die Wallfahrt erfolgt individuell und ist an keine Termine gebunden. Ich habe diesen Ort mehrfach – erstmalig im April 1991, letztmalig im Juni 2011 – besucht. Der zunehmende Kommerz ist leider unübersehbar.A1Zu sowjetischen Zeiten wurde mehrfach versucht, die Wallfahrt nach Siauliai zu unterbinden. In den Jahren 1941 bis 1952 stellten haben viele Litauer Kreuze für Angehörigen aufgestellt, die ermordet oder nach Sibirien verschleppt worden waren. Mindestens dreimal wurden die Kreuze mit Planierraupen niedergewalzt.
Da sich die Litauer jedoch als hartnäckig erwiesen, wurde der Berg der Kreuze auch ein nationales Symbol. A2Der Hügel gilt als mittelalterlicher Burghügel, ist also teilweise künstlich angelegt. Kreuze dürften hier erst im 19. Jahrhundert aufgestellt worden sein. 1900 waren es erst 130, 1940 etwa 400. Heute stehen (geschätzt, es können auch deutlich mehr sein) ca. 85.000 Kreuze auf diesem Hügel, nicht gerechnet die zahlreichen kleinen Kreuzanhänger. Die vom Hügel und den umgebenden Kreuzen eingenommene Fläche beträgt mehr als einen Hektar. Zu Entstehung des Hügels, dem Aufstellen der Kreuze sowie der damit ausgelösten Wirkungen gibt es zahlreiche (recht widersprüchliche) Sagen und Legenden.
Eine der Überlieferungen besagt, dass Mitte des 19. Jahrhunderts ein Mann aus einem nahe gelegenen Dorf schwer erkrankte. Dieser versprach für den Fall seiner Gesundung, ein Kreuz auf dem Berg aufzustellen. So geschah es. Andere Genesene taten es ihm gleich.A!Am 7. September 1993 besuchte Papst Johannes Paul II. diesen Ort und zelebrierte in einer Holzkapelle unter freiem Himmel vor etwa 100.000 Gläubigen eine Messe. Seither gilt der Kreuzberg auch als heiliger Ort für Katholiken aus aller Welt, was man auch an den Kreuzen mit Inschriften aus aller Welt erkennen kann. Der Berg der Kreuze wurde am 28. Dezember 2006 durch einen Brand auf einer Fläche von etwa 50 m² beschädigt. A10
In eigener Sache: Ich finde es äußerst bedauerlich, dass zum Berg der Kreuze in der Hoch-Saison tagsüber ganze „Ladungen“ Touristen gekarrt werden, von denen nur die allerwenigsten die Bedeutung dieses Ortes erfassen können und wollen. Geneigte Besucher sind gut beraten, die frühen Morgen oder späten Nachmittagsstunden zu stillen Einkehr zu nutzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.